Schon von Kindheit ist mir eine tiefe Verbindung zum Rhythmus der Natur zu eigen. Mit allen Sinnen konnte ich die spezifischen Reize jeder Jahreszeit genießen.
Ich sehe mich selbst als Kind am Winterabend , wie ich mir am Küchenfenster die Nase platt drücke, um den Tanz der Schneeflocken zu beobachten. Flocke um Flocke schwebte vor meinem Blickfeld vorbei und wenn ich dem munteren Treiben eine Weile zuschaute, vollzog sich ein magischer Zauber, es war mir als ob die Schneeflocken durch meine Augen in mich hineinfielen oder war ich es die sich langsam und unmerklich auflöste und hinaus schwebte um sich in den Reigen einzureihen? Auf jeden Fall fühlte ich mich in eine Winterwunderwelt entführt die eine große Faszination auf mich ausübte und mich zum Träumen einlud.
Wie hüpfte mein Herz, wenn die ersten Frühlingssonnenstrahlen ihre Wirkung entfaltet hatten und es schon warm genug war, um ohne Jacke hinaus zu gehen. Ich fühle noch heute das sanfte Streicheln der Frühlingsluft auf meiner Haut, die Strumpfhose war endlich gegen Kniestrümpfe ausgetauscht worden und ich fühlte mich so herrlich luftig leicht und frei.
Im Sommer liebte ich es rücklings auf der Wiese zu liegen und dem Spiel der Wolken zu zuschauen. Was war es für ein unvergessliches Vergnügen, wenn die Wäschewanne auf der Wiese zu einem Plantschbecken umfunktioniert wurde. In den Sommerferien, die mir als Kind unendlich lang vorkamen, durfte ich lange aufbleiben und konnte den Sternenhimmel sehen.
Der Herbst zog mit seinem erdig fruchtigem Duft ins Land und ich freute mich jedes Jahr aufs Neue auf die ersten Äpfel, die eine unvergleichliche Geschmacksexplosion auf der Zunge entfalteten. Ich höre das Rascheln der Blätter unter meinen Füßen und höre den frischen Herbstwind der um meine Ohren pfeift. Wenn ich ganz still werde und meine Augen schließe, dann kann ich die Stimme unserer Kindergartenschwester Anita hören, wie sie das Lied: „Hejo, spann den Wagen an, denn der Wind treibt Regen übers Land, hol die gold‘nen Garben, hol die gold‘nen Garben.“ anstimmt.
Mit zunehmendem Alter wurde mir bewusst, dass auch mein Leben sich in ebensolchen Rhythmen wie die Natur bewegt.
Meine Mutter hatte mich schon als kleines Kind, wenn ich traurig war mit den Worten getröstet: „ Auf Regen folgt auch wieder Sonnenschein!“ oder: „ Der nächste Sommer kommt bestimmt!“
Ich erinnere mich auch in anderem Zusammenhang an Sprüche wie: „Es kann nicht immer die Sonne scheinen, denn das Land braucht auch den Regen!“
Ich bin sehr dankbar, dass ich hier in unseren Breitengraden lebe, in denen die Jahreszeiten so unverkennbar spürbar sind, wenn auch mittlerweile durch den Klimawandel leider teilweise durcheinander gebracht. Die Vorstellung in einem Land zu leben in dem es auch im Winter nie richtig kalt wird fällt mir schwer. Ich schätze die individuellen Qualitäten mit denen Frühling, Sommer, Herbst und Winter daher kommen sehr. Sie wirken auf mich im wahrsten Sinne des Wortes belebend, weil sie mich mit dem Leben verbinden.
![](http://plauderpause.beate-neufeld.de/wp-content/uploads/2020/01/DievierJahreszeiten-634x1024.jpg)